Mal wieder über Privatsphäre, Öffentlichkeit, Stalking und Datenmißbrauch

Das ist wohl ein Thema, das leider nie out sein wird. Jedenfalls nicht für bloggende Feministinnen. Leider ist es immer noch oft so, dass viele feministische Userinnen und Bloggerinnen gut damit beraten sind, möglichst anonym zu bleiben und nirgends irgendwelche realen Daten zu veröffentlichen. Das Risiko, dass andere Menschen damit Mißbrauch betreiben, die Daten veröffentlichen und dazu aufrufen, derjenigen Person Schaden zuzufügen, z.B. unter deren Namen in Kommentarspalten, Blogs und Foren irgendwelchen Unsinn zu schreiben, oder sie mit Mails zu belästigen oder zu bedrohen, ihre Blogs mit Spamkommentaren zu fluten, ist einfach sehr groß. Viele Feministinnen können ein Lied davon singen.

Bei den gelben Frauenverachtern „wieviel Geistesgestörte verträgt das Land?“ (copyright by Ketcar :-D) beispielsweise gibt es bekanntermaßen diverse derartige Gepflogenheiten, was das Veröffentlichen meinungsgegnerischer Ansichten und das Aufrufen zu Shitstorms betrifft. Es ist dort – höflich ausgedrückt – nicht unüblich, Daten mißliebiger Personen zu veröffentlichen. Das beschränkt sich nicht nur auf Fotos, Namen und Wohnort, sondern reicht bis zu Familienmitgliedern, Kindern, Arbeitsstelle, Telefonnummer, Mailadresse etc.
Desweiteren ist ein neues Hobby aufgetaucht. Unter dem Titel „Femiquiz-wer war das?“ werden in unregelmäßigen Abständen Beiträge von Feministinnen, die irgendwann irgendwo mal geschrieben wurden, veröffentlicht und ein gar lustiges Ratespiel veranstaltet, wer die betreffende Autorin ist. Natürlich nicht nur mit Pseuso, sondern auch mit realem Namen. Dabei kommt ein z.T. erstaunliches Wissen zu Tage, was eigentlich nur mit entsprechender Recherche und gezielter Namenssuche entstehen kann, denn längst nicht jeder geht mit seinem Namen hausieren. Ähnlich bei den sog. „Pudellisten“, wo Namen und ein mehr oder weniger ausführliches Statement zur politischen Position aufgeführt wird. Wieviel Zeit man für so eine stasiartige Auflistung verbraten muß, will ich gar nicht wissen.

Der Sinn und die Intention solcher Veröffentlichungen ist mir nicht ersichtlich, außer dass es lediglich zum Bashen und zur Verleumndung dient.

Die Frage, wie man als feministische Bloggerin damit umgeht, wenn andere Leute Daten fremder Menschen dazu mißbrauchen, ihrem Hass freien Lauf zu lassen, ist kaum eindeutig zu beantworten. Die einen schwören auf das Fazit „don’t feed the Trolls“ und ignorieren einfach. Ist sinnvoll bis zu einem gewissen Punkt, löst das Problem aber nicht wirklich. Andere hüten einfach ihre Privatsphäre wie einen Augapfel und verzichten angesichts solcher Machenschaften auf die Preisgabe jedweder personeller Informationen, die Auskunft über das reale Privatleben geben könnten. Und wieder andere stellen sich offensiv dagegen, und bieten potentiellen oder tatsächlichen anonymen Stalkern die Stirn: „Sieh her Feigling, ich zeige mein Gesicht! Hast du genug Arsch in der Hose, deins auch zu zeigen? Wenn nicht, lass mich gefälligst in Ruhe! Ich habe nichts zu verbergen, du kannst mir nicht schaden!“
Ersteres ist die einfachste Lösung, um Trolle nicht noch zusätzlich anzuheizen (was aber oft nicht funktioniert), zweiteres sehr verständlich, und letzteres sehr mutig.

Aber auch, wenn man sich sehr anonym hält, ist ja man ja vor Shitstorms keineswegs sicher. Hasskommentare sind schnell in Kommentarspalten getippt, auch ohne jegliche Kenntnis von der Person des/der Blogbetreibers/in.

Eine gute Möglichkeit bietet das Projekt hatr.org, quasi die Müllhalde der Bloggerszene, wo man sich mit Trollen nicht auseinandersetzen muß, aber dennoch zeigen kann, was so an Müll eintrudelt. Und nein, entgegen hartnäckiger Behauptungen finden sich dort keineswegs fast nur „sachliche Argumentationen“ oder einfach andere Meinungen ein, die Feministinnen nur nicht vertragen. Dass hin und wieder auch harmlosere Beiträge dort erscheinen (wer entscheidet eigentlich, was harmlos ist? Doch wohl derjenige, auf dessen Seite der Beitrag gelandet ist und sonst keiner!), will ich nicht bestreiten, aber wer behauptet, dass dies überwiegend der Fall ist, hat ein merkwürdiges Verständnis von „harmlos“.
Andere, wie z.B. (Triggerwarnung!) Tapfer im Nirgendwo oder Lucia, haben auf ihrem Blog eine eigene Hate Speech-Seite eingerichtet, wo sie Hass-Kommentare veröffentlichen. Wieder andere schreiben extra Blogartikel dazu, wo sie ein generelles Statement zum Thema abgeben, meist aus aktuellem Anlass.

Es geht hier aber nicht nur um Hass- und Trollkommentare und Beleidigungen, die jede/r Blogbetreiber/in löschen kann. Hier geht es auch um Übergriffe ins reale Leben und die Frage, wie frau sich davor schützt. „Lass das bloggen sein und geh offline“ ist hier kaum der richtige Rat. Ist das doch genau das, was Trolle und Stalker wollen. Andersdenkende einschüchtern und mundtot machen.

Nun wird es auch hier wieder Menschen geben, die sagen, dass man eben mit Reaktionen rechnen muß, wenn man sich im öffentlichen Netz bewegt. So ähnlich äußerte sich ja auch Nadine Lantzsch in der Arte-Reportage Rebel Yell. Ja, man muß mit Reaktionen rechnen. Vielleicht auch mit Beleidigungen, weil man ja im Netz so schön anonym posten und die Sau rauslassen kann, das muß in einer freien Netzkultur eben möglich sein. Mag sein. Aber man muß nicht mit handfesten Bedrohungen oder Übergriffen rechnen und schon gar nicht muß man mit ihnen leben. Das Internet bietet eine Menge Möglichkeiten, seinen Phantasien freien Lauf zu lassen, aber es ist kein rechtsfreier Raum. Punkt.

Und die Feministinnen, die gestern noch friedlich gebloggt haben, werden das morgen auch noch tun. 🙂

7 Kommentare zu “Mal wieder über Privatsphäre, Öffentlichkeit, Stalking und Datenmißbrauch

  1. Jaja. Wenn man vorher! mit dem Blog Volksverhetzung betreibt (Patriach usw.) muss man sich nicht wundern wenn mal was zurückkommt.

    Ihr bekommt noch viel zu wenig Druck

    • Wenn man vorher! mit dem Blog Volksverhetzung betreibt (Patriach usw.)

      Kannst du auch ausnahmsweise mal sachlich begründen und erläutern? Oder ist das wieder nur ein emotionaler Beißreflex, weil du außer pöbeln nicht anders kannst? Ok, war ne rhetorische Frage, ich weiß ja dass du nicht sachlich sein kannst.
      Was hat das Patriarchat mit Volksverhetzung zu tun?

      Ihr bekommt noch viel zu wenig Druck

      Druck? Wozu? Sich aus öffentlichen Debatten rauszuhalten? Davon kannst du vielleicht träumen. Da hilft auch dein lächerliches Hate-Speech nichts.

  2. offline gehen ist die einzige loesung.
    wer noch nicht im rl mit gewalttaetigen masku zu tun hatte, weiss wirklich nix. es ist kein ‚rape cultur‘ sondern eine ‚max violence by men culture‘. fuer koerperlich gewalttaetig durch maskus angegriffene gibt es keinerlei schutz durch das recht.
    opfer weichen, nicht aus angst, sondern aus selbstschutz.

    wo sind denn die riots gegen solche leute? wo sind die anonymous, die deren server lahmlegen? wo sind die richter, die stalking, bedrohung und erlebte gewalt zum oeffentlichen interesse (nur dann wird verfolgt) machen? NIRGENDWO.

    pech. wen stoert denn, das digitales leben wirkliche gewalt zu folge hat?
    bye bye. das internet ist kein ponyhof. eben weil hengste auch nur ihre triebe ausleben wollen.

    • offline gehen ist die einzige loesung.

      Nein, das ist genau die falsche Lösung. Jedenfalls dann, wenn es nur um Selbstschutz geht, und du eigentlich online bleiben willst.

  3. dass man eben mit Reaktionen rechnen muß, wenn man sich im öffentlichen Netz bewegt

    stimmt, wie bei einem kruzen roch muss eine auch mit vergewaltigung rechnen. genau das ist reape and ciolence culture, dass opfer das provozieren. m3

    • Kein passender Vergleich. Natürlich muß man mit Reaktionen rechnen, wenn man sich öffentlich äußert. Es kommt nur auf die Reaktionen an. Mit Vergewaltigung muß niemand rechnen. Auch nicht mit kurzem Rock.

  4. Pingback: Mädchenmannschaft » Blog Archive » Von (Polanski-)Anekdote bis (Entwicklungs-)Zusammenarbeit – Die Blogschau

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