Der Text von Simon Hurtz über den „Pöbelmaskulismus“ hat einige Diskussionen ausgelöst, die ich mit teilweise amüsiertem Interesse verfolgt habe.
Bei Lucas Schoppe wurde dazu einiges kommentiert. Es wurde unter anderem vorgeworfen, dass der Artikel eine „Hetzpropaganda“ sei, weil er sich an radikalen Vertretern wie „Werner Stahl“ aufhänge, was gängige Ängste und Vorurteile bestätigen würde. In mehreren Äußerungen wurde die Existenz von „Werner Stahl“ sogar schlicht geleugnet. Dass „Werner Stahl“ tatsächlich existiert, und lediglich der Name geändert wurde, wurde von Herr Hurtz bereits erklärt.
Da sich die beginnende Diskussion dazu dazu in meinem anderen Themenstrang zu einem eigenen Thema zu entwickeln scheint, führe ich das mal gesondert hier fort:
Ich habe selbst damit begonnen, den Hurtz-Artikel um die Pöbelmaskulisten zu thematisieren:
„Worüber ich mich gewundert habe, ist eher, warum Einzelfälle, über die Frau Simon berichtet als etwas bezeichnet werden, „was jeder Mann seit 10 Jahren kennt“, also zur Allgemeinheit erhoben wird, aber die Existenz frauenfeindlicher Idioten wie „Werner Stahl“, die sich nun mal zweifelsfrei im Antifeminismus tummeln, angezweifelt wird. Da ist von „Strohmännern“, „Scheinriesen“, oder gar „Erfindung“ die Rede. Ich kann dir entgegenhalten, dass solche „Werner Stahls“ so ziemlich jeder Frau und jedem Mann bekannt sind, die es wagen, sich profeministisch zu positionieren (und ich unterstelle, auch jedem Maskulisten, der nicht völlig blind durch die Welt zieht). Aber im Gegensatz zu Frau Simon ist Herr Hurtz in seinem Pöbelmasku-Artikel wenigstens so ausgewogen, die Sache nicht nur einseitig zu betrachten. Unterm Strich hast du also Recht. Der Hurtz-Text ist keine reine Schimpftirade (denn das ist ein Rant eigentlich), sondern wie du schon gesagt hast, eine „überspitzte, im Kern aber schon korrekte und im Rahmen der journalistischen Ermessensspielräume zulässige Darstellung des Themas“. Was daran jetzt Problem ist, sehe ich aber nicht. Ist es vielleicht nicht genehm, die Schattenseiten des Maskulismus zu beleuchten? Ist Maskulismuskritik etwa ganz allgemein nicht erlaubt? Ich finde diese Beobachtungen interessant und eigentlich eines eigenen Artikels würdig, denn hier geht es etwas am Thema vorbei. Mal schauen.
Amüsiert haben mich aber die Spekulationen, wie ich wohl andere Texte bezeichnen würde. Aber lassen wir das…
Und daß der Text zugespitzt formuliert, ist eben dem Unterhaltungsfaktor geschuldet und gut fürs Clickbaiting.
Das scheint ja beim Pöbelmasku-Text hervorragend funktioniert zu haben, wenn man sieht, wie sich Maskulisten und Antifeministen darüber empören und so gar nicht wahrhaben wollen, dass diese „Werner Stahls“ in ihren Reihen existieren.“
Und @ mitm anwortete darauf:
„Beim Hurtz-Papier ist dies völlig anders. Nach meiner Erinnerung zitiert er überhaupt keine Statistik, die die Häufigkeit der Werner Stahls seriös benennen würde, ich kenne auch keine (und bezweifle, daß es eine gibt. Rosenbrock et al. sind keine seriösen Analysen). Werner Stahl ist keine Veranschaulichung trockener Fakten, er ist selber das Faktum, das sich ein Leser zusammenreimt. Die Botschaft, die beim Leser ankommt, hat keine Grundlage, insofern erfindet das Hurtz-Papier das unbewiesene Faktum, Werner Stahl sei ein typischer, repräsentativer Masku.
„…ist Herr Hurtz in seinem Pöbelmasku-Artikel wenigstens so ausgewogen, die Sache nicht nur einseitig zu betrachten“
Von ausgewogen kann keine Rede sein, s. hier meine quantitative Textanalyse.
„Ist es vielleicht nicht genehm, die Schattenseiten des Maskulismus zu beleuchten? Ist Maskulismuskritik etwa ganz allgemein nicht erlaubt?“
Nein, ist erlaubt, und Kritik finde ich sogar gut, wenn was dran ist, kann man nur besser werden. Aber eine so einseitige Darstellung sollte dann auch die Überschrift haben „Die Schattenseiten des Maskulismus“ und nicht so tun, als sei sie ausgewogen. Wenn ich einen Text a la Hurtz über den Feminismus schreiben würde, würde ich 60 % über Solanas mit eine Reihe von Zitaten aus dem SCUM-Manifest schreiben und dann am Rande noch mal 2 Klassiker zitieren, und natürlich #killallmen – das wäre komplett unseriös.
„… so gar nicht wahrhaben wollen, dass diese „Werner Stahls“ in ihren Reihen existieren.“
Das ist den meisten Leuten, mit denen ich in der Blase rund um genderama und alles evo. Kontakt habe, sehr genau bewußt, und man vermeidet jeden Kontakt zu den Werner Stahls. Die Existenz dieser Stahls streitet niemand ab.
Wir hatten uns übrigens vor rund einem Jahr schon mal darüber unterhalten, ob es Sinn macht, bevorzugt auf die Extremfiguren der anderen Seite zu fokussieren – nein – das bringt nichts. U.a. die damalige Diskussion mit Dir und Margret sind ein Grund, warum mir der Hurtz-Text so sauer aufstößt.“
Jetzt also hier weiter.
@ mitm
Werner Stahl ist keine Veranschaulichung trockener Fakten, er ist selber das Faktum, das sich ein Leser zusammenreimt.
Ein Leser hat sich Werner Stahl zusammengereimt?
Nein, ist erlaubt, und Kritik finde ich sogar gut, wenn was dran ist, kann man nur besser werden.
Und wo was dran ist, bestimmt wer? Diejenigen, die niemals Begegnungen mit irgendwelchen Werner Stahls hatten und darum deren Existenz negieren und leugnen? Auch ich selbst hätte zu Hurtz‘ Recherche noch einige gespeicherte Kommentare von Hatern des Schlages Stahl beisteuern können, die mir hier hinterlassen wurden. Aber klar, wer sich mit sowas nie rumschlagen mußte, darf natürlich daran zweifeln, dass es das tatsächlich in nennenswerter Form gibt, und dass das ein Problem sein könnte. Man sollte aber sinnvollerweise besser denen glauben, die ihre Erfahrungen gemacht haben, meinst du nicht? „Was ich nicht kenne, gibts nicht!“ war noch nie ein ernstzunehmendes Argument.
Wenn ich einen Text a la Hurtz über den Feminismus schreiben würde, würde ich 60 % über Solanas mit eine Reihe von Zitaten aus dem SCUM-Manifest schreiben und dann am Rande noch mal 2 Klassiker zitieren, und natürlich #killallmen – das wäre komplett unseriös.
Witzig. Das passiert doch ohnehin dauernd. Und schon weit länger als das Thema in der SZ aufgegriffen wurde. So dauernd, dass es mich längst langweilt. Aber eine antifeministische Extremfigur zu beleuchten, ist dann plötzlich unerhört und „Hetzpropaganda“. Na sowas.
Die Existenz dieser Stahls streitet niemand ab.
Das ist nicht wahr. Es gibt mehrere Äußerungen, dass Hurtz‘ Darstellung für „nicht glaubwürdig“ und Stahl für eine „Erfindung“ gehalten wird. Andere Äußerungen gehen in die Richtung, dass das alles ja sicher nicht ernst gemeint sei. Insgesamt wird also schlicht geleugnet, dass es Menschen da draußen gibt, die den Maskulismus für sich in einer Weise beanspruchen, die menschenverachtend ist. Aber ich sehe zum Glück auch andere Stimmen, die immerhin einräumen, dass Personen wie Stahl durchaus ein Problem sind, wie @ chrima, der da in den Kommentaren bei Schoppe sagt:
„Einer unter vielen Gründen für meinen Rückzug war, dass Leute wie dieser Stahl (mag er nun tatsächlich existieren oder nicht) im Begriff waren die „Masku-Szene“ zu dominieren und einstmals durchaus lesenswerte Foren (ja auch wgvdl gehörte einmal dazu) zu übernehmen.
An Typen wie diesem Stahl herrscht leider kein Mangel.
Eigentlich ein gutes Zeichen, wenn heute einige bezweifeln, dass es diese „Stahls“ gibt und dass sie es Ernst meinen könnten.
Mann sollte aber nie vergessen, dass es sie gibt und sie in ihrer destruktiven Kraft nie unterschätzen.“
Du selbst bezeichnest den ganzen Artikel sogar als „Hetzpropaganda“, was nun wirklich maßlos übertrieben ist, wie sogar deine Maskulismusfreunde bestätigen. Sei ehrlich, dich ärgert doch nur, dass diese Seite des Maskulismus überhaupt öffentlich breit gemacht wird. Und darum lieferst du eine Milchmädchenrechnung darüber, wie gar schrecklich ganze 40% des Artikels Stahl galten. Weiterhin schreibst du:
„Bei den Kolleginnen aus der SZ-Redaktion erzeugt der Text vermutlich nur zustimmendes Nicken, weil er die sowieso vorhandenen Vorurteile bestätigt.“
Wie kommst du darauf, dass es nur Vorurteile sind? Vielleicht sind es auch handfeste Erfahrungen, die du nur einfach nicht kennst, weil du nicht betroffen bist?
Jeder Feministin darf man permanent unterstellen, dass Scum ihre heimliche Bibel sei, aber Maskulismus darf nicht danach bewertet werden, welche Irrlichter sich darunter tummeln? Höchst fragwürdige Einstellung. Sieh es einfach mal so: wer für sich beanspruchen will, dass Feminismuskritik erlaubt sein muß und im Rahmen dessen irgendwelche Extremfiguren hochstilisiert, muß auch akzeptieren, dass der Maskulismus eine ebensolche Kritik erfährt. Alles andere ist Heuchelei.
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